Verbogen? Das FIFA Millionenspiel der Sponsoren Jul 24, 2015

Verbogen? Das FIFA Millionenspiel der Sponsoren

Blatter-TitelseitenFast schien es, als wäre es still um die Fifa geworden. Blatter war praktisch raus und irgendwie wollte der Weltfußballverband vieles ändern, ja sogar von weitreichenden Reformen war die Rede. Und nun das: Blatter inmitten von in die Luft geworfenen Dollarscheinen. Wie symbolträchtig. Wie lustig – wenn man diesen Humor mag. Und natürlich eroberte das schöne Sinnbild die Titelseiten der Welt.

Der Initiator dieser kleinen aber wirksamen Aktion war der britische Komiker Simon Brodkin: Eigentlich ging es auf der Pressekonferenz darum, dass der Verband nun doch erst am 26. Februar 2016 einen neuen Chef wählt. Blatters Seilschaften funktionierten, er hatte sich (mal wieder) durchgesetzt. Aber als die Scheine durch die Luft flogen, war das plötzlich Nebensache.

Blatter inmitten von Dollarscheinen, ein Bild, das besser hätte nicht passen können. Spiegelt es doch nicht nur die zwielichtigen Vergaben von Weltmeisterschaften wider, sondern auch das Verhältnis von Sponsoren zur Fifa.

Zwei der Partner des Verbandes haben sich jetzt selbst wieder in Erinnerung gerufen. Coca Cola und McDonalds haben sich offensiver als in der Vergangenheit artikuliert. Die Forderungen sind so klar wie eindeutig: Wandel und Reformen, die eine unabhängige Kommission treiben soll. Denn: „Derzeit erfüllten die internen Kontrollen und die Einstellung zur Regelbefolgung bei der Fifa nicht die Anforderungen.“

Ein Schelm, wer denkt, dass die Forderungen ohne ordentlichen eigenen Druck im Gepäck daher kommen: So ermittelt beispielsweise die amerikanische Börsenaufsicht SEC wegen Verstoß gegen Korruptionsgesetze. Zunächst zwar nur in Richtung FIFA und das auch ziemlich allgemein. Bei börsennotierten US-Unternehmen sorgt aber üblicherweise allein eine solche Ankündigung für erhöhten Pulsschlag.

In einer Krise wie bei der Fifa gibt es im Grunde zwei Ansätze, wie ein Sponsor agieren kann: Entweder man steigt aus, wie bereits Emirates, Sony oder Johnson & Johnson. Oder man drängt auf Veränderung, macht letztlich das, was Coca Cola und McDonalds gemacht haben. Ob der reine Hinweis auf Compliance-Regeln ausreicht, bleibt aber fraglich. Dennoch ist der Antritt richtig, denn die Top-Sponsoren haben erheblichen Einfluss.

Und es gibt noch einen zweiten, vielleicht wichtigeren Grund: Wie wollen Unternehmen, die selbst restriktive, manchmal sogar kleinliche Compliance-Regeln haben, ihren Mitarbeiter, Lieferanten und Partnern erklären, dass man beim Thema Fußball eben mal „alle fünfe gerade sein“ lässt?

Insgesamt kann man allerdings konstatieren, dass die Reaktionen von Sponsoren bei offensichtlichen Compliance-Verstößen im Sport häufig eher zögerlich und oft seltsam verhalten ausfallen. Schnell und bestimmt eine klare Haltung zu definieren oder sich gar öffentlich eindeutig zu distanzieren, erscheint – ob des eigenen Involvements – erstaunlich schwierig.

Coca Cola und McDonalds stehen jetzt wohl auf dem Standpunkt, dass nicht nur die eigene Reputation Schaden nehmen könnte. So ist der Antritt, wenn auch spät, dennoch richtig: Exit oder Reform. Wegducken darf und kann nicht mehr die Devise sein, auch wenn Fußball-Weltmeisterschaften die perfekte Kommunikationsplattform ist.

Diejenigen Sponsoren, die bei Blatters Rücktritt nur von einem „Schritt in die richtige Richtung“ gesprochen haben, sind jetzt gefordert. Denn nur mitschwimmen auf der Empörungswelle ist zu wenig, Haltung dagegen alles.

Fotocredit: Titelseiten der Bild, Welt, Berliner Morgenpost und Berliner Zeitung am Dienstag, 21. Juli 2015

Über den Autor

Dirk Popp

Dirk Popp

Er gilt als einer der renommiertesten Krisenkommunikations-Experten in Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung schreibt über ihn, er könne ein angekratztes Image aufpolieren wie kaum ein Zweiter. Dirk Popp berät seit vielen Jahren DAX-Unternehmen, Mittelständler, Marken und Persönlichkeiten in Krisensituationen und bei der Kommunikation schwieriger Themen.

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