Ein Bauvorhaben, das um ein Vielfaches mehr kostet als geplant. Ein Bauherr, der sich in Widersprüche verstrickt. Kontrolleure, die nicht richtig kontrollieren. Bürger, die aufbegehren. Heiner Geißler, der sich äußert. Stuttgart 21? Nein, Limburg 2013.
Der Papst hat entschieden: Der umstrittene Bauherr, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, darf vorläufig nicht in sein Bistum zurückkehren, der designierte neue Generalvikar Wolfgang Rösch soll die Leitung übernehmen. Jetzt beginnt der „Kampf um die Deutungshoheit“, so die WELT. Hat der in der Kritik stehende Bischof mit seinem vermeintlich cleveren Schachzug, nach Rom zu gehen und den vielzitierten „Gang nach Canossa“ anzutreten, gewonnen? Oder hält sich der Papst mit der vorübergehenden Suspendierung nur den nächsten Schritt offen? Beides scheint möglich, Kommentatoren sind uneins und ringen um die Sicht der Dinge.
Angefangen hatte alles, als 2013 die Kosten für den um- und neugestalteten Bischofssitz in Limburg, ein mehrteiliges Gebäudeensemble auf dem Limburger Domhügel, in schwindelerregende Höhen von 31 Millionen Euro schossen. Noch 2010 war von rund 5 Millionen die Rede. Brisant, denn im gleichen Jahr „in dem er seinen Protzbau begann, verordnete er seinem Bistum den Kurs ‚Sparen und erneuern’. Aus angeblichem Geldmangel ließ er die Zahl von Gemeinden, Messen und Seelsorgern zusammenstreichen“, schreibt der SPIEGEL.
Wasser predigen und Wein trinken – und wenn es rauskommt, alles verschleiern. Auf diesen Vorwurf haben sich die Medien bei Tebartz-van Elst eingeschossen. Und ziehen genüsslich jeden noch so kleinen Fehltritt aus dem Hut. Ob nun der Bischof in den luxuriösen Oldtimer einsteigt oder die First Class Reisegepflogenheiten thematisiert werden. Hinzu kommt: Der aktuelle Papst steht für eine Kirche ohne Protz und Prunk. Ein dem Luxus zugewandter Bischof passt da so gar nicht mehr zur „Corporate Identity“. Das haben auch die Medien erkannt und inszenieren die beiden bewusst als Gegenspieler, den Bischof im teuren Oldtimer, den Papst im Kleinwagen.
„Luxushirte“ und „Limburger Lügenbischof“ (spiegel.de), „Protzbischof“ (bild.de), „Prassprediger“ (focus.de) – so wird Tebartz-van Elst betitelt. Längst hat er auch im Bistum die Unterstützung seiner Bediensteten und Gläubigen verloren, die ihren Unmut wiederum in den Medien kundtun, z.B. mit einer Menschkette, Gesprächen mit der Presse, siehe hier, oder mit einem offenen Brief.
Die Veröffentlichungen haben ein Ausmaß erreicht, das an die mediale Jagd auf den ehemaligen Bundespräsidenten Wulf erinnert. „Die Zitrone wurde nicht nur ausgequetscht, sie hat sogar schon gequietscht“, meinte Hans Jahnke, ehem. stellvertretender Programmchef des ZDF damals im Deutschlandradio dazu. Und weiter: „Das Quantum der Medienberichterstattung bestimmt sich nicht aus dem Erfordernis der Sache allein, sondern aus deren Unterhaltsamkeit.“ Das trifft es auch ziemlich genau im Fall Tebartz-van Elst.
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