Hochgejazzt: Pegida & die Kinderschokolade  Mai 29, 2016

Es war der mediale Aufreger der vergangenen Woche: Die rassistischen Facebook Kommentare von Pegida Anhängern zur neuen Kinderschokolade Edition aus dem Hause Ferrero. Hatte sich das italienische Unternehmen doch entschlossen, Kinderfotos von deutschen Fußball Nationalspielern auf die Packung zu drucken. Soweit so gut, doch die Italiener erdreisteten sich dabei auch Kinderfotos von Spielern wie Boateng und Gündoğan abzubilden.

Das rief – quasi als pawlowsche Reaktion  – die rassistischen Pegida Dumpfbacken auf den Plan, die mit üblen verbalen Ausfällen, ihrem Ärger auf Facebook Luft machten. Müßig die Kommentare hier zu zitieren, doch auch die politisch korrekte Erregung nahm im Netz und den Medien ihren gerechten Lauf. Wenigstens waren die meisten Reaktionen spöttisch, oft hämisch und bisweilen sogar sehr lustig.

Ein User meinte auf Twitter „Wer wegen aktueller Werbemotive völkische Probleme mit Kinderschokolade hat, kann gern Schokolade aus deutschen Kakaobohnen essen.“ 11Freunde.de etwa witzelte mit einer „Sonderedition für Rassisten„. Selbst die Katholische Kirche, sonst ja immer ein bisschen hinterher, sprang auf und kommentierte pointiert: „Upps. Auch wir machen vor nichts Halt.“ Teil des Tweets war eine Fotomontage mit dem Konterfei von Papst Franziskus. Zeit-Online jedenfalls kam mit Blick auf die Pegisten zum ironischem Schluss „Die Armen! Nun müssen sie sich entscheiden, ob sie zu Deutschland halten.“

Bei Ferrro dürfte anfangs die  Nervosität überwogen, dann aber die Champagner-Korken geknallt haben. Schließlich erhält die Neuauflage einer Verpackung nur sehr selten so viel Aufmerksamkeit. Für die Marke Kinderschokolade ist die massenhafte Berichterstattung wie ein wunderbarer Sommerregen – plötzlich, erfrischend und de facto umbezahlbar. Sollten die Marketing-Verantwortlichen dies nur anähernd so geplant haben, kann man ohne Wenn und Aber den Hut ziehen und ihnen ein Fröhliches „Alles richtig gemacht“ zurufen. Falls es einfach nur passiert ist, trübt das bei Ferrero sicher nicht die Stimmung.

Einen nicht nur kleinen Wermutstropfen gibt es dann doch noch. Denn man wird irgendwie das schale Gefühl nicht los, dass wieder einmal eine mediale Sau durchs Dorf getrieben, das Thema grösser gemacht wurde, als es nötig gewesen wäre. Relevanz hin oder her, mussten denn ein paar strohdumme Kommentare so hochgejazzt werden? Oder sollte das Gefühl, auf der Seite der politisch korrekt Erregten zu stehen, einfach in Zeilen oder Tweets gepresst werden? Quasi als Erguss einer medialen Erektion?

Als glücklicher Gewinner darf sich jedenfalls Ferrero fühlen, vielleicht hat sogar der Abverkauf der Kinderschokolade leicht angezogen – immmerhin war so viel kostenlose PR und Zustimmung selten. Und wer dem Ganzen anbivalent gegenüber steht, kann sich problemlos sagen: wenigstens war alles ein grosser Spass!

Über den Autor

Dirk Popp

Dirk Popp

Er gilt als einer der renommiertesten Krisenkommunikations-Experten in Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung schreibt über ihn, er könne ein angekratztes Image aufpolieren wie kaum ein Zweiter. Dirk Popp berät seit vielen Jahren DAX-Unternehmen, Mittelständler, Marken und Persönlichkeiten in Krisensituationen und bei der Kommunikation schwieriger Themen.

3 Responses to “Hochgejazzt: Pegida & die Kinderschokolade ”

  1. der verkauf hat mit sicherheit angezogen. ich habe eine woche nach der schoki mit boateng gesucht. heute endlich gefunden: https://www.instagram.com/p/BGC1a9vl2ys/?taken-by=neurosenthal

  2. Hi Dirk. Hast Du mglw. schon gelesen, ist aber ein selten gutes Beispiel, wie man auch Krise gut machen kann BUFFER http://t3n.de/news/buffer-entlassungen-717350/?utm_source=E-Mail&utm_medium=referral&utm_campaign=social-buttons
    Grüße aus Brasilia, Christoph

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