Urlaub auf Haiti? Jetzt? Na klar! Jan 25, 2010

Warum nicht, dachte Royal Caribbean Cruise Lines und steuerte die leidgeprüfte Insel für einen Kreuzfahrtstopp an. Für das gute Gewissen lud die Mannschaft 40 Paletten mit Hilfsgütern an Land, bevor die Reisegruppe „scherzend“ zum Barbecue an einen Privatstrand übersetzte, wie ein Augenzeuge berichtete. 60 Meilen von Port-au-Prince entfernt, gerade weit genug, um die Toten und die Trümmer, die Not und den Gestank nicht wahrnehmen zu müssen.

Schnell „Most popular“ auf HuffingtonPost.com, aufgegriffen von nahezu allen wichtigen europäischen Zeitungen von Guardian bis Süddeutsche scheint der perfekte Aufreger gefunden. Das Beispiel zeigt vor allem, wie schnell die mediale Überhitzung bei einem klassischen Krisenauslöser – Ignoranz von menschlichem Leid – die Fakten verdrängt.

Erstens fiel die Entscheidung, nach Fahrplan auch Haiti anzusteuern, nach intensiven Diskussionen. Zweitens unterstützt die Kreuzfahrtlinie die Erdbebenregion mit mehreren Hilfslieferungen und ist seit vielen Jahren Partner der Aktion „Food for the Poor“. Das Unternehmen spendete 1 Million US-Dollar und hilft den eigenen 230 Mitarbeitern, die auf der Insel arbeiten. Über 300 weitere Jobs hängen direkt von den Kreuzfahrern ab.

Leslie Voltaire, haitianischer Abgesandter bei den Vereinten Nationen, lobte noch vor wenigen Tagen den „positiven wirtschaftlichen Nutzen“ der Kreuzfahrtschiffe für das Land. Denn hinter dem Aufreger steht die wirklich entscheidende Frage: Ist Haiti für die Erste Welt auch Wirtschaftsregion und mögliches Urlaubsziel, in dem zu engagieren sich für beide Seiten lohnt? Oder sehen wir in dem „fallen state“ nur noch ein Objekt unserer Hilfsbereitschaft? Wenn wir die erste Frage bejahen, sollten wir Royal Caribbean Cruise Lines zugestehen, ernsthaft auch am Wohle Haitis interessiert zu sein. Schließlich hat das Unternehmen ein vitales Interesse, in Zukunft wieder mit gutem Gewissen vor der „Perle der Karibik“ zu ankern.

Mehr dazu bei Adam Goldstein, Chef der Linie und Blogger, unter http://www.nationofwhynot.com/blog/

Über den Autor

Dirk Popp

Dirk Popp

Er gilt als einer der renommiertesten Krisenkommunikations-Experten in Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung schreibt über ihn, er könne ein angekratztes Image aufpolieren wie kaum ein Zweiter. Dirk Popp berät seit vielen Jahren DAX-Unternehmen, Mittelständler, Marken und Persönlichkeiten in Krisensituationen und bei der Kommunikation schwieriger Themen.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

0

0%