Suche Haltung, biete Shitstorm Jan 21, 2015

Aldi SüdJetzt hat es also auch Aldi-Süd erwischt: Der einst so verschwiegene Discount-Riese sieht sich im Netz einem veritablen Shitstorm ausgesetzt. Der Anlass ist nahezu lächerlich.

Ein Kunde hatte sich per Facebook über die Abbildung einer Moschee auf einem Stück Seife beschwert. So weit, so banal. Was aber macht Aldi? Den schnellen Kotau – zieht das betroffene Produkt aus dem Verkehr. Eine eigene Haltung sieht anders aus. Mit der Veröffentlichung des Rückrufs geht es im Netz jetzt erst richtig los. Dieser Kommentar ist noch einer der harmloseren Meinungen. Um das Thema endlich zu beruhigen, schiebt Aldi eine wachsweiche Erklärung nach, die aber wieder für Hohn und Spott sorgt.

Gut, wir bewegen uns in aufgeheizten Zeiten: Islamkritiker machen deutschlandweit Front, die kaltblütigen Morde in Frankreich bestimmen die Schlagzeilen, die Frage nach dem Wert der Meinungsfreiheit steht im Raum. Dass die Verantwortlichen von Aldi-Süd in diesem Umfeld nervös geworden sind, kann man vielleicht nachvollziehen. Aber: Wir sprechen immer noch von einem Stück Seife, „Marke Ombia – 1001 Nacht“.

Natürlich ist es gut und richtig, wenn Unternehmen und Organisationen angemessen auf Kritik reagieren. Aber das entscheidende Wort lautet eben: angemessen. Das gilt für Aldi und seine Seife ebenso wie beispielsweise für das Hemd eines Moderators. Schmerzlich musste das ZDF erfahren, was es heißt, wenn man zu liebedienerisch agiert. Kenner erinnern sich: Der Sender hatte sich im Oktober 2014 doch tatsächlich für die braune Hemdfarbe des Morgenmagazin-Moderators Jochen Breyer entschuldigt. Einige Zuschauer sahen Assoziationen zu den Braunhemden der SA geweckt, zumal Breyer in besagter Sendung auch noch einen Beitrag über die Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ anmoderierte. Das ZDF erntete einen Shitstorm und bekam frei Haus Hohn und Spott geliefert, auch von der BILD-Zeitung.

Fazit: Unternehmen und Medien müssen Einzelmeinungen aushalten und mit Kritik auch selbstbewusst umgehen. Wer beim leisesten Lüftchen umkippt, keine Position bezieht und keine eigene Haltung zeigt, wird kommunikativ in der Defensive bleiben. Und am Ende die eigenen Supporter vergrätzen. Ob es das am Ende Wert ist?

 

Über den Autor

Dirk Popp

Dirk Popp

Er gilt als einer der renommiertesten Krisenkommunikations-Experten in Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung schreibt über ihn, er könne ein angekratztes Image aufpolieren wie kaum ein Zweiter. Dirk Popp berät seit vielen Jahren DAX-Unternehmen, Mittelständler, Marken und Persönlichkeiten in Krisensituationen und bei der Kommunikation schwieriger Themen.

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